It's Rebozo Time
Bianca Maria Heinkel / 03.12.2022
Ja, wir hatten unsere eigene super Rebozo Time, unseren Workshop mit wundervollen Teilnehmerinnen und
unserer Trainerin Mirjam de Keijzer. Besonders war auch, dass (was schon in unseren
Geburtsvorbereitungskursen unser Alleinstellungsmerkmal gewesen war) Ralph dabei war, und seinem „Du bist
eine von uns“ – dem Ritterschlag einer unserer Teilnehmerinnen - alle Ehre gemacht hat. Wir hatten so viel
Freude!
Ein Tuch, viel Wirkung
Mit dem Rebozo findet eine in Mittelamerika bewährte und alte Hebammen-Tradition allmählich ihren Weg nach Europa, und ist bei unseren niederländischen Nachbarinnen schon fester Bestandteil in der Geburtsvorbereitung. Nun findet es langsam - aus meiner Sicht viel zu langsam - auch seinen Platz hier im deutschsprachigen Raum. Ich frage mich immer wieder, warum es hierzulande nur so schwierig ist Neues, Gutes seinen Platz einzuräumen. Ich gebe zu, ich liebe das Rebozo. Und nicht nur, weil ich eine Tüchernärrin bin, zu fast jedem Outfit ein passendes habe, und Sommers wie Winters nicht ohne aus dem Haus gehe. Ich liebe es, weil es so vielfältig einsetzbar, seine Handhabung so einfach ist. Wir können damit kleine wir große Menschen wiegen, sie beruhigen, massieren, ihnen Gefühl von Schutz und umsorgt sein vermitteln, damit Halt geben, Entspannung fördern und Loslassen unterstützen.
Verbindung schaffen

Was für ein Geschenk, zum Beispiel in der Körper–, ja sogar Traumatherapie, oder auch in der Arbeit mit Senioren, wo direkte körperliche Berührung manchmal nicht gut möglich – aber so dringend notwendig ist. Ist doch hinreichend belegt, wie heilsam gute Berührung ist. Mit dem Rebozo kann man wunderbar ganz nach dem Igelprinzip verfahren: So nah wie möglich und so weit weg wie nötig. Deswegen denke ich, dass dieses ca. zwei Meter lange, in einer besonderen Technik gewebte Schal und die Rebozo Techniken nicht nur für Hebammen oder Doulas eine große Bereicherung sein kann. Es sollte unbedingt seinen Weg auch in den Utensilienkoffer von Physio- und KörpertherapeutInnen, sowie Menschen in der Pflege finden. Wenig Aufwand, große Wirkung. Zu erlernen sind die Techniken leicht, das Rebozo nimmt wenig Platz ein, ist leicht zu tragen, und hat man die Griffe erst einmal ‚drauf“ , tut es im Notfall dann auch ein normales Halstuch.
Umhüllen

Die Bezeichnung Rebozo leitet sich vom spanischen "rebozar" ab, was so viel wie "bedecken" oder "umhüllen" bedeutet, womit auch gleich seine Funktion beschrieben ist. Ein echtes Rebozo wird auf einem Pedal- oder Rückengurtwebstuhl handgewebt und ist keine Meterware. In den mittelamerikanischen Traditionen wird es für viele Zwecke verwendet und ist vor allem für Frauen ein wichtiger Begleiter bei verschiedenen Lebensübergängen. Als Kopfbedeckung schützt es vor der Sonne, oder dient als Polsterung zum Tragen von Körben, als Schultertuch zum Schutz vor dem Wind und als Tasche zum Tragen von Waren und Kindern. Man heiratet in einem Rebozo, wird bei der Geburt und später nach dem Tod darin eingehüllt. Jedes Rebozo wird zu etwas ganz Besonderem für diejenige, der es gehört, weil es sie von Anfang an begleitet hat. Daher wird es in der Familie oft als Geschenk oder als Erbe von den Älteren an die jüngeren Generationen weitergegeben.
Kultureller Austausch

The Art of Birth
Thea van Tuijl und Mirjam de Keijzer aus den Niederlanden (und Partnerinnen von Naoli Vinaver) verdanken wir, dass Rebozo im europäischen Raum bekannt geworden ist. Wenn also ein Rebozo Workshop, dann bei ihnen. Oder – wenn frau englisch kann – auch bei einem Online-Workshop „The Art of Birth“ direkt bei Naoli Vinaver. Warum? Weil das Wasser nie so rein ist, wie an seiner Quelle.
Frau sei Dank
Bei allem, was wir verwenden, finde ich es wichtig, diejenigen zu würdigen und zu achten, von denen ich Dinge, Techniken, Wissen übernehme. Vor allem wenn es von Frauen kommt. Ich finde es wichtig, ihnen Respekt zu zollen und zu danken für das, was sie mit uns so großzügig teilen, zu unserem (Frauen-)Wohl. Weil zu schnell übernommen und vergessen wird, woher wir etwas genommen haben.
Dank Naoli, Angelina, Thea und Mirjam kommt dieses einzigartige Wissen um den Einsatz des Rebozo in der Geburtshilfe langsam in der westlichen Geburtswelt an. Ich wünsche mir so sehr, dass dadurch viele der - vermeintlich Not-wendigen medizinischen - Interventionen obsolet werden, und wir uns damit einen Schritt näher hin zu einer uns Frauen und unsere Kinder stärkende Geburtskultur entwickeln.
